Dynamische Netzentgelte: Das Aus für einheitliche Stromtarife
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Bis jetzt haben private Endkunden für ihren Strombezug feste Tarife, die man zum Start der Stromversorgung aussuchen und nach Beendigung der vereinbarten Frist verlängern oder ersetzen konnte.
Ab Liberalisierung der Strommärkte (Ende 1990er Jahre) kann man seinen Stromversorger* überwiegend selbst bestimmen, während man an den Netzinhaber, der ein natürliches, aber von der Bundesnetzagentur extrem überwachtes Monopol hat, nicht eigenständig bestimmbar ist.
Mit der Dekarbonisierung und der Energiewende im Energiesektor wird das Kundenverhalten radikal umgekrempelt. Während ein landläufiger Privathaushalt eine Kapazität von rund 1 bis 3 kW gebrauchte, können zukunftsorientierte Haushalte mit Elektroauto, Wärmepumpe* und Photovoltaik* (PV), Leistungswerte von bis zu 30 kW erreichen. Außerdem erhöht sich die Parallelität der Verwendung erheblich.
Neben dynamischen und variablen Strompreisen sollen mit dynamischen Netzentgelten zusätzliche Anpassungsfähigkeiten in der Stromversorgung gesteigert werden, um Lieferengpässe im Stromnetz auszuschließen.
In einem variablen Stromtarif verändert sich der Strompreis monatlich oder im Laufe eines Tages. Ein dynamischer Stromtarif präsentiert einen Strompreis, der sich darauf fokussiert, was die Energiebeschaffung derzeit im Markt kostet. Darum kann sich dieser Strompreis oftmalig im Tagesablauf, zum Teil sogar im Stundentakt verändern.
Wer die Chance besitzt, Strom reguliert dann zu verbrauchen, wenn er extrem billig ist, kann in dynamischen und variablen Tarifen seine Stromausgaben reduzieren.
Der Kunde kann bei dynamischen Tarifen selbst dann von niedrigen Preisen profitieren, wenn er seine Verbrauchseinrichtungen vom Netzinhaber regulieren lässt.
Dafür wird allerdings ein Smart Meter gebraucht, den einige Messstelleninhaber aber bei Verbrauchern mit niedrigen Bedarfen nicht so gerne einbauen.
Während die dynamischen oder flexiblen Stromtarife vom Stromversorger bereitgestellt werden, den der Konsument ausgesucht hat, sind dynamische Netzentgelte eine Angelegenheit des zuständigen Netzinhabers, der nicht aus freien Stücken ausgesucht werden kann, weil er örtliche Bedingungen einzuhalten hat und in der Regel einen zeitlich begrenzten Vertrag mit der entsprechenden Gebietskörperschaft erfüllen muss.
Auch Netzentgelte lassen sich dynamisieren
Was können nun dynamische Netzentgelte auslösen? Der wesentliche Nutzen dynamischer Netzentgelte ist die Chance, durch ihre Verwendgung Knappheiten im Leitungsnetz auszuschließen.
Mit 59,4 Prozent erneuerbarer Stromherstellung befindet sich Deutschland bezüglich der Energiewende im 2. Abschnitt, charakterisiert durch anfängliche Gewinne, Netzerweiterung und Anpassungsfähigkeit.
Kernproblem hierbei ist, dass sich die unerlässliche Netzerweiterung bis 2045 mit geschätzt fast 700 Milliarden Euro bemerkbar machen könnte, was die Netzentgelte für Haushalte, von knapp 11 um bis zu 18 Cent je kWh, erhöhen dürfte.
Vor dem Hintergrund, dass die CDU in der letzten Bundestagswahl mit der Vorstellung ins Rennen gegangen war, Netzentgelte zu reduzieren, bildet die Konzipierung der Netzentgeltmethoden mehr und mehr den Brennpunkt der Aufmerksamkeit. Bei der Konzipierung der Netzentgelte können nun „unterschiedliche Hebel“ betätigt werden.
Dabei kann die Aufgliederung der Kosten im Bereich Produktion und Leistung, der Zusammenhang zwischen Arbeits- und Grundpreis sowie die Zeit- und Ortsgebundenheit angemessen reguliert werden.
Dynamische Netzentgelte könnten damit ein bedeutendes Hilfsmittel zur Umgehung von Knappheiten in der Versorgung sein, indem sie, anders als bei starren Tarifen, auch wetterbedingte vorübergehende Erscheinungen bewältigen.
Im Verbundvorhaben „Cactus“ wird ab 2023 (Dauer: 3 Jahre) die machbare Verwirklichung dynamischer Netzentgelte sondiert.
In 4 Kontrollbereichen wird hierbei getestet, wie Konsumenten auf Preisimpulse antworten und welche Auswirkungen verschiedene Zeit-Unselbständigkeiten zeigen.
Aufgrund der ständig rascher weitergehenden Umplatzierung der Energieflüsse von Wärme– und Kraftstoffnetzen auf das Stromnetz erhöhen sich die Aufgaben vorrangig bei Inhabern der Verteilnetze, zumal die neuen Konsumenten hauptsächlich im Sektor der Niederspannung angegliedert werden.
Gegenwärtig werden die Niederspannungsnetze sozusagen richtungslos bewirtschaftet. Gänzlich ohne Netz–Messzahlen in Echtzeit wäre der richtige Ausweg für die neuen Aufgaben eine ausgaben- und mittelfordernde Erweiterung der Netze bis hin zur allerletzten kWh, was die Politiker den Konsumenten aber bisher nicht so richtig schmackhaft machen können.
Digitalisierung der Verteilnetze als Bedingung für dynamische Netzentgelte
Im Umfeld der Niederspannung ist die Digitalisierung ein vielschichtiges Vorhaben, bei dem IT-Systeme, Informationen, reguliernde Ansprüche und die Wünsche sämtlicher Mitwirkenden einberechnet werden müssen.
Durch exakte Angaben zur Beschaffenheit der Netzte können Überschreitungen von Grenzmarken beizeiten festgestellt und Mehoden zur Netzerweiterung initiativ entwickelt werden.
Allein mit lückenlos eingerichteten intelligenten Messsystemen kann realisiert werden, ein digitale Abbild des Netzes zu entwickeln.
Unbeschadet der Vielschichtigkeit und der außerordentlichen Kosten bestehen hierbei deutliche Pluspunkte, zumal die Digitalisierung den Wechsel von statistischen Vorhersagen hin zu wirklichen Angaben sowie eine datengesteuerte Netzentwicklung erlauben.
Auch wenn enorme Ausgaben anfallen, wäre die herkömmliche Netzerweiterung mit Kupferleitungen erheblich kostspieliger.
Die Bundesnetzagentur hat unlängst ein Arbeitspapier bekannt gegeben, welches aber zunächst den Anfang einer Debatte mit den Projektbeteiligten einleitet und noch keinerlei greifbare Anregungen für einer nachfolgenden Richtlinie der Stromnetze beinhaltet.
(Mit Angaben www.telepolis.de/30.05.2025)