Handynetz: Mobilfunknetz von 1&1 im Performance-Test
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Das neue Mobilfunknetz von 1&1* gewinnt an Tempo und führt schon mehr als 12 Millionen Kunden. Aber wie sieht es am Ende mit dem Zustand? Die Fachzeitschrift „CHIP“ hat das Mobilfunknetz auf einer Strecke von über 8.000 km genau unter die Lupe genommen und legt folgendes Resultat vor.
Deutschlands 4. Mobilfunkanbieter steht vor einem Wendepunkt. Ende 2023 begann 1&1 den öffentlichen Betrieb seines eigenen Mobilfunknetzes, bis Ende 2025 muss das Unternehmen seine Aufgabe als Mobilfunkdiscounter abgeben.
Ab 2026 zählt: Die 12 Millionen Kunden sollen landesweit aus dem eingenen Netz bedient werden – ein hartes Stück Arbeit für den Markt-Nachzügler.
Gemeinsam mit einem Messtechnik–Partner hat die Fachzeitschrift „CHIP“ 10 Tage lang das 1&1-Netz auf Herz und Nieren überprüft. Hierbei absolvierte ein Rucksacksystem und 2 Messfahrzeuge mehr als 8.100 km – auf Schusters Rappen in Innenstädten, auf Autobahnen, in 15 Städten und Fernzügen.
Das Resultat der Testpersonen stellt sich widersprüchlich dar: Das Netz sei vielversprechender als die meisten vermuten, doch bis zum Stand von O2*, Telekom* und Vodafone* gäbe es noch eine Menge zu erledigen.
1&1 verfolgt einen ehrgeizigen Grundgedanken: OpenRAN, eine dezentrale Netzarchitektur, bei der Software infolge frei zugänglicher Verbindungsstellen ungeachtet der Hardware arbeitet. Das erlaubt dauerhafte Ausgabenreduzierungen und zusätzliche Anpassungsfähigkeit.
An den Standorten der Antennen gibt es keine Hardware zur Verarbeitung der Signale – dafür wird das Funksignal über Glasfaser* an minimale Datencenter durchgereicht. Von beabsichtigten 500 derartiger Datencenter sind schon über 50 Prozent einsatzbereit.
Aber der Eindruck des brandneuen Mobilfunknetzes bleibt übersichtlich. Knapp 1.500 erreichbare Antennen-Standorte vermutet „CHIP“ – der Wettbewerb verfügt über viele Tausende.
Darum ist 1&1 von einer Roaming-Vereinbarung mit Vodafone abhängig, um eine lückenlose Versorgung sicherzustellen. Wo es in greifbarer Nähe keinen 1&1-Standort gibt, verwenden Anwender automatisch das Netz der Vodafone*.
Handynetz: Angewiesen auf Vodafone
So zeigen die „CHIP“-Ergebnisse ganz deutlich, wie sehr 1&1 noch auf den Roaming-Kompagnon angewiesen ist. Knapp 88 Prozent sämtlicher Online–Testungen gingen über das Netz der Vodafone, bei Telefongesprächen landete der Anteil bei mehr als 90 Prozent. Auch in Städten, die mit 1&1* eigenen Standorten ausgerüstet sind, ist Vodafone-Roaming vorherrschend.
Diese Unselbstständigkeit trägt versteckte Risiken in sich, denn die Genauigkeit des Netzes bleibt unbefriedigend. In Städten wurden lediglich 98,23 Prozent der Telefonate positiv absolviert – ein annehmbares jedoch verbesserungswürdiges Resultat. Bei althergebrachten Netzen landet der Wert bei 99,5 Prozent.
Ebenso werden bei der Datenübertragung Schwachstellen erkennbar. Die Erfolgschance beim Herunterladen einer 10 Megabyte Datei landete in den Städten bei 99,23 Prozent – akzeptabel, doch nicht perfekt.
Auffallend frustrierend endeten die Testungen in Fernzügen. Gewiss sind diese ein weitverbreiter Schwachpunkt sämtlicher Mobilfunknetze in Deutschland, aber 1&1 bleibt erheblich hinter den eh schon geringen Erwartungen zurück. Lediglich 79,8 Prozent der Datei-Downloads waren gelungen.
Test-Websites konnten nur zu 92 Prozent geöffnet werden. Zwischen Frankfurt und Nürnberg sowie von Berlin nach Frankfurt verzeichneten die Tester extremes Fehlverhalten. Wahrscheinlich ausgelöst durch Wechselwirkungen und Datenverluste in Zusammenarbeit mit dem Vodafone*-Roaming.
Beim Tempo kann 1&1 jedenfalls schritthalten, erzielt jedoch keine Top-Werte. In 97,2 Prozent sämtlicher Testungen (unmittelbar im 1&1-Netz) standen die Geschwindigkeiten (beim Herunterladen) bei mehr als 5 Megabit je Sekunde – genügend für HD-Video-Streaming.
Bei Vodafone–Roaming waren es 98,7 Prozent. Bei höherer Geschwindigkeit vergrößert sich der Unterschied: 75 Prozent der Roaming–Messungen erzielten mehr als 100 Megabit je Sekunde, im echten 1&1-Netz lediglich 58 Prozent.
Das zügigste festgestellte Download-Tempo stand bei 477 Megabit je Sekunde. Das 5G*-Funkspektrum auf einem Frequenzband macht das erst möglich. Aber dort gibt es auch einen generellen Schwachpunkt: Das alles in allem verwendbare Funkspektrum ist unvergleichbar mit dem der seit Langem bestehenden Konkurrenz und wird es selbst nach beabsichtigtem Ausbau 2026 nicht sein.
Zuversicht in Weiterentwicklung
Für 2026 sind bedeutende Erneuerungen geplant. 1&1 bekommt ab Januar 2 mal 10 Megahertz Spektrum bei 2,1 Gigahertz dazu. Weiterhin soll das 2-seitige Handover etabliert werden. Hierdurch wird nicht allein der Übergang vom 1&1- ins Vodafone-Netz machbar, sondern auch andersrum.
Darüber hinaus verlangt 1&1 ermüdendes Spektrum zwischen 700 und 900 Megahertz von den Wettbewerbern – Frequenzen, welche sich durch einen großen Aktionsradius hervortun und für ideale Gebäudeversorgung bedeutsam sind.
O2*, Telekom und Vodafone verweigern sich bis heute, werden jedoch irgendwann den Auflagen der Bundesnetzagentur folgen müssen. Die Vorgabe der Behörde ist eindeutig. 1&1 muss ab Januar 2026 wenigstens ein Viertel der Bevölkerung ohne Roaming bedienen können.
Mit Material www.welt.de/04.11.2025














